Ansprache in Berlin auf dem Gendarmenmarkt am 19. Juni 2002
Dr. Wolfgang Walter als Sprecher
für die Bundesinitiative Großeltern (www.grosseltern-initiative.de)
anläßlich einer Kundgebung über das "Wohl des Kindes"
"Ich spreche hier für die Bundesinitiative Großeltern, die 2002 in Frankfurt am Main gegründet wurde. Wir sind Eltern von Töchtern und Söhnen, in der Mehrzahl von Söhnen.
Die Großeltern-Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht,
1.
Großeltern zuzuhören, denen der Kontakt zu ihren
Enkelkindern verweigert wird. und deren Erfahrungen weiterzugeben und
2.
die Öffentlichkeit zu informieren, damit zukünftig keinem
Kind mehr das widerfährt, was unsere Enkel erleben oder erlebt haben bei den
strittigen Trennungen ihrer Eltern.
Das Unrecht in Deutschland an den Großeltern ist eng
verwoben mit dem Unrecht an Elternteilen. Wo einem Elternteil der Umgang mit
seinem Kind erschwert oder unmöglich gemacht wird, geschieht gleiches mit
seinen Großeltern. Nach wie vor leben die Kinder in einer Burg mit
hochgezogener Zugbrücke, bewacht von der Burgherrin oder in der Minderzahl vom
Burgherrn. Das Handeln dieser Burgbesitzer unterscheidet sich in nicht, es ist
gleich!
Diese Burg ist meist uneinnehmbar. Sollte sie aber doch einmal
erobert werden, so ergreift der Burgbesitzer das Kind und zieht weit weg in
eine andere Burg. Hierfür dient das Recht auf Bestimmung des Aufenthaltsort
(§ 1631 BGB).
Die wichtigste Waffe aber ist das "Wohl des
Kindes". Ein unbestimmter Rechtsbegriff, der jede Interpretation durch
Jugendamt und Gericht erlaubt. Das Gesetz gibt keine Richtlinie vor, wie dieses
Konflikt-Wohl zu verstehen ist. Was ist das Wohl des Kindes? Wird es dadurch
erreicht, dass das Kind von nahestehenden Menschen ferngehalten wird, weil
diese angeblich die Ruhe des Kindes stören? Wir sagen nein! Ist Ruhe für das Kind wichtiger als das Leben im
Spannungsfeld der Familie? Wir sagen nein!
Gehören die engagierten Großeltern zum Leben der Kinder? Wir sagen ja!
Die UN-Kinderrechtskonvention spricht mit Recht nicht vom
Wohl des Kindes; sie verlangt the best
interest of the child. Das ist etwas grundlegend anderes. Wenn zum Wohl
des Kindes zu handeln ist, beinhaltet das
eine Gabe. Im Interesse des Kindes handeln, erkennt seine Rechte an. Es
spricht das Kind als Träger eigener Rechte und Interessen an, die es zu achten
gilt. Dazu gehört, dass dem Kind der Umgang mit seinen nahen Angehörigen nicht
willkürlich abgeschnitten werden darf., Art. 9 der Protection rights, Menschenrechte.
Keine Mutter, kein Vater soll seinem Kind noch sagen
dürfen: "Du siehst Oma und Opa nie wieder!" Das Gesetzeswort
"Wohl des Kindes" hat großes Unglück über viele Familien gebracht und
tut es weiter, weil auf Grund dieser Maxime allein der besitzende Elternteil
alles durchsetzen kann, was er für das Wohl seines Kindes hält.
Leider bewegt sich bisher nichts. Anstatt die vorhandenen
Unrechtsgesetze für Kinder und Familie gründlich zu reformieren. wird weiter
Flickschusterei betrieben. Alle Parteien sind daran beteiligt. Ohne Ausnahme!
Soeben wurde vom Familienministerium ein Gesetzesentwurf erstellt, der die
Rechte des Jugendamtes weiter ausbaut.
Und das angesichts der Tatsache, daß immer mehr Willkürakte durch Jugendämter
bekannt werden.
Was wir brauchen, ist ein neues Bewußtseins in Staat und
Gesellschaft. Bei der steigenden Zahl der zerbrechenden Familien und der rasch
anwachsenden Zahl der Scheidungswaisen brauchen wir rasch eine Gesetzesreform,
die den Namen verdient. Sie muss allen Beteiligten Rechnung tragen, beiden
Elternteilen, den Kindern und ihrem besten Interesse und den nahen Verwandten,
insbesondere den Großeltern, damit keiner
mehr vom Leben mit seiner Familie ausgeschlossen wird.
Eltern, die sich im Streit trennen, sollen lernen und
begreifen, dass die familiären Bindungen zu beiden Elternfamilien nicht
zerstört werden dürfen.
Im
Interesse der Kinder"